Gewichtheben: 81-Jährige will zur Europameisterschaft - Sportbuzzer.de

2022-06-10 21:20:41 By : Ms. CIndy Liu

Mit 81 Jahren, da fängt das Heben an! Ursula Nothnagel ist eine der ältesten deutschen Gewichtheberinnen. Die Nienburgerin erklärt, wie sie das in dem Alter noch schafft.

Wenn Ursula Nothnagel im Wettkampf vor der Langhantel steht, versucht, sie anzuheben, dann muss sie sich an einigen Tagen ganz besonders überwinden. Wie das eben so ist beim Sport. „Manchmal ist die wie am Boden festgetackert“, sagt Nothnagel. „Dann geht das nur über den Willen: Zähne zusammenbeißen, Kopf aus – und einfach hochziehen.“

Wenn dieser Tage in Speyer die stärksten deutschen Frauen und Männer um Meistertitel kämpfen, dann weiß Nothnagel genau, was in ihnen vorgeht, wenn sie vor den zu stemmenden Gewichten stehen. Seit 30 Jahren ist die Nienburgerin Gewichtheberin. Zwar nicht im klassischen Zweikampf mit Stoßen und Reißen, sondern im Dreikampf mit Kniebeuge, Bankdrücken und Kreuzheben, aber am Ende geht es immer darum, auf die Zähne zu beißen und das manchmal Unmögliche zu schaffen. Und darin kennt sich Nothnagel aus: Sie ist 81 Jahre alt.

Vergangenes Wochenende nahm sie in Göttingen an den norddeutschen Meisterschaften im Kreuzheben teil. Klar, dass sie die älteste Teilnehmerin war. „Aber welche Frau mit 81 Jahren setzt sich noch solchen Anstrengungen aus?“, fragt sie und lacht. Sie hob 95 Kilogramm und gewann – mal wieder.

Vor 30 Jahren fing sie an – oder vielmehr ihr Mann. Dem riet der Betriebsarzt, sich in einem Fitnessstudio fit zu machen – andernfalls drohe der Entzug seines Pilotenscheins. Günter Nothnagel stellte schnell fest, wie viel Spaß der neue Sport macht, und überredete Frau und Tochter mitzukommen.

Es dauerte nicht lange, da nahm Ursula Nothnagel schon an ihrem ersten Wettkampf teil. „Mein Trainer hat gesagt, ich habe so gute Hebel“, erzählt die 81-Jährige, die in einem Buch alle bis heute 189 Wettkämpfe aufgeführt hat. Ihr erster: am 28. April 1990 in Papenburg. „Damals bin ich noch ganz cool an die Hantel gegangen, heute zittere ich manchmal“, sagt die Athletin vom SC Elite Hannover, die eine neue Leidenschaft gefunden hat. Seitdem nahm, sie an zahlreichen Wettkämpfen und Meisterschaften teil und reiste durch halb Europa. „Ich habe schon gar keinen Platz mehr für Pokale“, sagt die sympathische Rentnerin, die einst Finanzbuchhalterin war.

Zwei- bis dreimal die Woche geht Nothnagel mit ihrem Mann, der inzwischen ihr Betreuter ist und bei Wettkämpfen hilft, noch zum Training. „Manchmal quatschen wir auch einfach“, sagt sie. In Nienburg kennt sie fast jeder – nicht nur, weil sie jedes Jahr unter den zehn Sportlerinnen des Jahres steht. Natürlich halten sie manche für bekloppt, erzählt die Seniorin, „aber ich mache das einfach gern. Gewicht heben macht Spaß.“

Auf dem Sofa sitzen und fernsehen, wie viele andere ihres Alters, das sei nichts für sie. „Da wird man auch instabil.“ Sie wolle versuchen, ihre Kräfte zu erhalten. „Ich möchte nicht so schnell auf Pflege angewiesen sein“, sagt Nothnagel. Davon ist sie weit entfernt. „Viele sehen einfach nicht, was der Sport bringen kann. Und dass sich mit ihm Krankheiten entgegenwirken lässt“, sagt die Gewichtheberin.

Und so macht Ursula Nothnagel weiter. Wie lange? „Das werde ich oft gefragt“, sagt sie. Die Antwort: „Wenn es keinen Spaß mehr macht, höre ich auf.“ Doch bis dahin hat die 81-Jährige noch Ziele: 2018 ist die EM im Kreuzheben in Luxemburg. „Da will ich wieder dabei sein.“