Gefängnis-Gym: Böse Buben trainieren auf rosa Geräten - 20 Minuten

2022-06-24 21:17:09 By : Mr. Frank Yin

Lederbezüge in Pink und Stangen aus Chromstahl: Der Fitnessraum der Anstalt Gmünden mit den Keiser-Geräten.

Rund 20 Gefängnisse in der Deutschschweiz haben bereits Zellen in Pink. Die Spezialfarbe mit dem bezeichnenden Namen «Cool Down Pink» soll aggressive Häftlinge beruhigen.

In der Anstalt Gmünden im Kanton Appenzell Ausserrhoden bewirkt die Farbe Pink aber das Gegenteil: Ein ehemaliger Insasse beschwert sich massiv darüber. Allerdings geht es nicht um Zellenwände, sondern um neue Fitnessgeräte.

Im Kraftraum des Kellers der Anstalt gibt es nämlich keine rustikalen Hantelbänke, Eisenstangen und Gewichte in Grau und Schwarz. Im Gegenteil: Die Insassen stählen ihre Muckis seit Kurzem mit Luxusgeräten in Pink und Chrom mit stufenlos einstellbarem, hydraulischem Widerstand anstelle von Gewichtsscheiben.

«Die Häftlinge werden doch verarscht»

«Die Häftlinge werden damit doch verarscht», schimpft der Ex-Insasse. Bis vor wenigen Monaten sei der Fitnessraum mit richtigen Kraftmaschinen ausgestattet gewesen – «mit Eisengewichten und allem Drum und Dran». Besonders die Hanteln würden viel Häftlinge vermissen. «Damit kann man am besten trainieren. Dafür sind die neuen Geräte sicher kein Ersatz – und schon gar nicht pinkfarbene.»

Anstaltsdirektor Kurt Ulmann sieht in der eigenwilligen Farbe indes kein Problem. «99 Prozent der Insassen trainieren regelmässig und gerne an den neuen Geräten.» Die Farbe hat sich Ulmann ausserdem nicht selbst ausgesucht: Die Maschinen stammen aus dem Edelfitnessstudio Manhattan in Wien. Dieses hatte die Geräte vor einigen Jahren eigens in dem ungewöhnlichen Look bestellt.

«Sie sind optisch stylisch und kamen super an – auch bei den Männern», sagt Alexander Novak vom Manhattan Fitness. Als das Studio neue Kraftmaschinen orderte, nahm Thomas Bleiker von der FitXpress GmbH, der Händler für Geräte der Marke Keiser in der Schweiz und Österreich, die Geräte zurück.

Nachdem sie danach einige Zeit im Firmenkeller gestanden hatten, überliess er sie schliesslich der Anstalt Gmünden zum Freundschaftspreis. Wie viel er dafür noch berappen musste, will Ulmann nicht verraten. «Aber es war ein absolutes Schnäppchen.»

Die vorherige Einrichtung hätte man sowieso nicht mehr so belassen können, fährt der Anstaltsdirektor fort. «Die Geräte waren alt und äusserst sanierungsbedürftig.» Und neuwertige Geräte hätte sich die Anstalt mit ihrem Budget gar nicht leisten können. Dass die beliebten Hanteln nicht ersetzt wurden, sei ausserdem kein Versehen gewesen, sondern Kalkül: «Freie Gewichte könnten von einem Insassen als Waffe missbraucht werden. Einer hat einmal eine Hantel durch ein Fenster geworfen.»

Ob sich die Häftlinge in Gmünden inzwischen an die mädchenhafte Atmosphäre in ihrem Kraftraum gewöhnt haben, ist offen. Bezüglich der Technik befinden sie sich auf jeden Fall in bester Gesellschaft: Auch die Kicker von Manchester United, dem FC Barcelona oder Bayern München schwitzen an Hydraulikgeräten der Marke Keiser.