Seit Mitte März 2020 hocken Millionen Menschen in Deutschland Tag für Tag stundenlang im Mobile Office und könnten dringend einen Ausgleich gebrauchen. Oder besser: Ihre zunehmend vernachlässigte Muskulatur lechzt nach Herausforderungen. Doch zumeist fristen Brust-, Bein- und Rückenmuskulatur bei vielen Schreibtischtätern ein kümmerliches Dasein. Das Fitnesslevel sackt in den Keller. Muskelstrukturen haben sich verkürzt und bauen sich nach und nach ab. Dazu verbraucht der Körper beim permanenten Sitzen kaum Energie. Und weil sich viele (auch aus Frust) nach Feierabend das eine oder andere Leckerli mehr genehmigen, schlägt die Stunde neuer Fettpölsterchen.
Welche Muskeln im Home und Mobile Office ganz besonders leiden, warum schon einfache Gadgets Abhilfe schaffen können und nicht jeder eine eigene Hantelbank braucht, erklärt Personal Coach, Ironman-Sieger, Autor und Fitness-Experte Maximilian Longrée im Interview. Der 40-jährige frühere Profi-Triathlet holte 2006 den WM-Titel der Amateure beim legendären Ironman Hawaii. Mittlerweile berät und betreut er Unternehmen und Privatpersonen unter anderem in den Bereichen Fitness und Ernährung. (Weitere Infos über Maximilian Longrée finden Sie hier.)
Herr Longrée, was macht die Arbeit im Mobile Office mit dem Fitnesszustand der Deutschen? Sehr viel. Wenn man die physische Seite betrachtet, haben wir es vor allem mit einem Muskelabbau zu tun. Und zwar unabhängig vom Fitnesslevel, also auch bei Menschen, deren Muskelanteil nicht so ausgeprägt ist, wie beispielsweise bei Hobbysportlern, die regelmäßig ins Fitnessstudio gehen. Bei Menschen, die vor der Zeit im Mobile Office keinen Sport gemacht haben, fallen nun auch noch die alltäglichen Bewegungen wie der Weg zum Auto oder das Treppensteigen in der Firma weg. Auch Treffen mit Freunden, Shoppen und anderes fallen wegen des Lockdowns flach. Bei dieser Gruppe fällt der Muskelabbau allerdings weniger stark auf als bei Athleten, die vor dem Lockdown aktiv waren, Muskulatur aufgebaut und sie gepflegt haben. Bei denen geht die Muskulatur sicher stärker zurück, der Grundumsatz sinkt und sie setzen Fett an, weil sie sich weniger bewegen und unter Umständen sogar noch mehr essen als vorher. Ich vermute sogar, dass viele überrascht sein werden, wenn sie sich nach dem Lockdown wieder gegenüberstehen.
Welche Muskelgruppen sind hauptsächlich davon betroffen? Die Muskulatur verkümmert nicht nur. Sie verkürzt auch zunehmend, weil der Dehnungseffekt, der zu jeder alltäglichen Bewegung gehört, im Mobile Office häufig wegfällt. Die herkömmlichen Bürokrankheiten oder Beschwerden verstärken sich. Die Klassiker wie Nackenschmerzen oder das berüchtigte Piriformis-Syndrom, also der eingeklemmte Ischiasnerv, könnten heftiger ausfallen oder bei Menschen auftreten, die davor noch keine Probleme damit hatten, weil sie sich zumindest moderat bewegt haben – und wenn es nur der Weg zur Kantine oder das Treppensteigen war. Vor allem die Beinmuskulatur, unsere größte Muskelgruppe, verkümmert durch die mangelnde Bewegung.
Nun kann man sich damit abfinden oder, Sie haben es schon gesagt, etwas gegen den Muskelabbau tun. Nun hat nicht jeder den Platz für ein Fitnessstudio zu Hause. Wie kann man der vernachlässigten Muskulatur trotzdem etwas Gutes tun? Das hängt stark vom Fitnesslevel ab, mit dem man in den Lockdown gegangen ist. Allen, die bisher kaum Sport gemacht haben und ihre Muskulatur und Gesundheit nur erhalten wollen, würde ich für den Anfang einfache Gummibänder in verschiedenen Stärken empfehlen. Das klingt banal, aber damit kann man viele klassische Übungen umsetzen. Beispielsweise etwas für die Schulterblatt- oder die Brustmuskulatur tun, um wieder aufrechter auf dem Bürostuhl zu sitzen. Dafür genügen diese Fitnessbänder , denn es braucht keine besonders großen Kraftreize, um die Muskulatur zu erhalten oder sogar ein bisschen was aufzubauen. Als zusätzliche Übung halte ich Liegestütze auf Knien für sinnvoll. Allen, die darauf keine Lust haben, empfehle ich: Spazierengehen und auf dem Weg zur Wohnung die Treppe statt des Fahrstuhls nehmen. Damit simuliert man zumindest etwas den Alltag aus der Zeit vor dem Lockdown. Wer das schafft, dürfte sein Fitnesslevel gut halten können.
Was ist mit denen, deren Muskeln unfreiwillig leiden, weil sie ihr Fitnessstudio teils Monate nicht von innen gesehen haben? Ich meine Athleten, die sonst zwei oder drei Mal pro Woche dort trainieren. Da wird es etwas kniffliger. Wobei diese Athleten schon leistungsfähiger sind und damit auch selbstständig Übungen machen können, die ich weniger aktiven Menschen nicht empfehlen würde. Ich denke da zuerst an Kniebeugen – mit oder ohne Gewicht. Oder auch Seitheben mit zwei Kurzhanteln in jeder Hand für die Schultermuskulatur. Grundsätzlich gilt: Je höher das Fitnesslevel war, desto schwieriger ist es, den Status quo zu erhalten oder sogar Muskelmasse aufzubauen. Trotzdem ist das Schlechteste, was man machen kann, gar nichts mehr für den Körper zu tun. Wichtig finde ich auch, dass man sich ein bisschen davon frei macht, das Niveau aus den Zeiten vor dem Lockdown halten zu können, geschweige denn Topform zu erreichen.
Welche Geräte halten Sie hier für das hauseigene Fitnessstudio für angemessen? Neben einer Hantelbank lohnt sich für ambitioniertere Athleten aus meiner Sicht noch ein Ablage-Rack und eine kleine Auswahl Kurz- und Langhanteln . Das nimmt nicht allzu viel Platz weg und eignet sich auch für Mietwohnungen. Wer dafür keinen Platz hat, kann immer noch mit dem eigenen Körpergewicht arbeiten oder eben mit den angesprochenen Fitnessbändern.
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