Erst Corona, jetzt explodierende Energiepreise: Die Fitnessstudios stehen vor einem bedrohlichen Winter. Doch wie hart wird die Energiekrise für die Branche tatsächlich? SWR Sport hat nachgefragt.
Wer in ein Fitnessstudio geht, sucht meistens nach mehr als nur einer Hantelbank. Neben Laufbändern stehen in großen beheizten und beleuchteten Hallen hochmoderne technische Sportgeräte. Außerdem bieten viele Studios Saunas oder gar ganze Wellnessbereiche an. Das alles braucht Strom. Doch die Strompreise schnellen gerade in ungeahnte Höhen.
Die Energiekrise trifft viele Fitnessstudios nach Corona an einem wunden Punkt. Michael Schetter, Mitinhaber einer Fitnessstudio-Kette mit elf Vertretungen in Baden-Württemberg, spricht vom "ungünstigsten Augenblick überhaupt". Auch in der Landeshauptstadt Stuttgart in den Fitness- und Wellnessclubs von Jörg Echtermann sind die Mitgliederzahlen seit der Pandemie rapide gesunken und seit der Wiedereröffnung im Juni 2021 nicht gestiegen. Schon damals kämpften die Studios um jeden Gast, doch trotz ausgesetzter Mitgliedsbeiträge verlor man fast ein Viertel der Mitglieder.
Was stattdessen steigt, sind die Instandhaltungskosten: Neben inflationsbedingten Mieterhöhungen müssen explodierende Strom-Abschlagszahlungen beglichen werden, die es in sich haben. In Stuttgart steht bei Geschäftsführer Echtermann statt 11.000 Euro das Vierfache auf der Stromrechnung: 45.000 Euro im Monat. Auch bei Michael Schetter sind die Kosten um mehr als das Dreifache gestiegen. Es sind Kosten, die nur mit einem tiefen Griff ins Portemonnaie bewältigt werden können. Zahlen, die an der Existenz kratzen.
Klar, dass in dieser Situation Energie gespart werden muss. Dabei ist die große Frage, wie der "Spagat zwischen Dienstleistung und Wirtschaftlichkeit", so Schetter, gelingt. Bei den meisten Studios bedeutet das erstmal, die Öffnungszeiten der Saunas zu reduzieren. Außerdem wird über die effektive Nutzung von Lüftung, Heizung und Beleuchtung nachgedacht.
Natürlich geht das nur, so weit das Angebot selbst bestehen bleibt: Kein Strom für Trainingsgeräte bedeutet kein Training. Für viele Menschen ist der Saunagang nach dem Sport fester Bestandteil der Routine und maßgeblicher Grund für die Mitgliedschaft in einem Studio. Die Saunas komplett abzuschalten, könnte also ein schmerzhafter Schritt sein. Wie viele Mitglieder ihren Besuch vom Bestehen eines Wellnessbereichs abhängig machen, ist von Studio zu Studio unterschiedlich. Trotzdem ist es ein wichtiger Faktor, den viele Inhaber zur Zeit beachten müssen.
Kunden und Kundinnen müssen eine Erhöhung ihrer Fitnessstudio-Gebühren nicht ohne weiteres hinnehmen. Denn sie haben ja einen Vertrag mit dem Unternehmen. Und an den sind grundsätzlich beide Seiten gebunden. Wenn dort also ein fester Preis vereinbart ist, gilt der grundsätzlich erstmal für die Vertragslaufzeit. Wer also für den alten Preis weitertrainieren will, kann auf seinen bestehenden Vertrag pochen.
Man sollte dann ausdrücklich der Preiserhöhung gegenüber dem Fitnessstudio widersprechen und den ursprünglichen Betrag weiterzahlen. Wenn das Fitnessstudio das nicht mitmachen will, haben die Kunden in jedem Fall das Recht zur Sonderkündigung. Man kommt dann also ohne lange Fristen aus dem Vertrag heraus und muss den höheren Preis nicht zahlen.
Entscheidend für die Studios wird in diesem Winter sein, auf wie viele Rücklagen sie zugreifen können. Es ist nicht allen klar, wie sie mit den massiven Rechnungen umgehen werden. Der größte finanzielle Hebel, der den Betreibern zur Verfügung steht, sind die Mitgliederbeiträge - doch die Angst vor weiteren Abgängen ist groß. Keiner der von SWR Sport angefragten Geschäftsführer hat Beitragserhöhungen erwähnt. Dennoch drehen gerade viele Studios an dieser Stellschraube.
Andere halten den Preis bewusst niedrig und versuchen, mit Gewinnspielen oder Werbung neue zahlende Trainierende anzulocken - eine riskante Investition vor einem unkalkulierbaren Winter. Wer keine Rücklagen hat, steht vor einer Situation ohne einfache Lösung.
Hans Gerhard Merkelbach, Geschäftsführer mehrerer Fitnesscenter in Bad Kreuznach, prophezeit der Branche eine dunkle Zukunft, wenn es keine staatliche Unterstützung für den selbstständigen Mittelstand gibt: "Irgendwann geht überall das Licht aus, wenn wir mehr für die Energie bezahlen müssen als wir verdienen."
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