Baukrimi in Pogöriach - kaernten.ORF.at - Kärnten Heute

2022-03-16 08:26:20 By : Mr. Bruce Chen

Selma und Alexander Haider wollten sich 2018 mit einem Reihenhaus in Pogöriach bei Villach ihren Lebenstraum erfüllen. Dann kam aber alles anders als erwartet, Baumängel wurden festgestellt, ein Baustopp verfügt, zähe Verhandlungen mit dem Bauträger folgten. Nun wurde bekannt, dass das Haus ohne Wissen der Eigentümer verkauft werden sollte.

Für Familie Haider wurde der Traum vom Eigenheim zum Alptraum. Das Reihenhaus in Pogöriach ist noch lange nicht fertig und nichts rührt sich mehr. Bis jetzt können sie noch immer nicht darin leben, seit knapp zwei Jahren zahlen sie doppelt. Zum einen den Kredit für das Haus und zum anderen die Miete für die Wohnung, insgesamt mehr als 2.500 Euro im Monat.

„Eigentlich können wir uns das ja gar nicht mehr leisten, aber wir hanteln uns von Monat zu Monat. Man bekommt beispielsweise Urlaubsgeld und dann geht es wieder ein, zwei Monate weiter, aber es ist sehr schwierig“, so Alexander Haider. „Man ist einfach fertig. Es gibt schlaflose Nächte und ich will oft gar nicht darüber nachdenken“, ergänzte Selma Haider.

Zwei Jahre dauert der Konflikt mit der RM-Bauträger GmbH bereits. „Sie wollen eine Rückabwicklung bewirken und ich gehe davon aus, dass sie das Haus und den Grund dann noch teurer verkaufen wollen, weil die Immobilienpreise in den letzten zwei Jahren nach oben gegangen sind. Einen Rückabwicklungsvertrag haben wir aber nicht unterschrieben. Mittlerweile wollen wir es einfach nur fertigmachen, wir wollen das Haus selbst fertigstellen, unsere Ruhe haben und irgendwann einziehen“, so Alexander Haider.

Das Problem dabei ist, das Geld wird knapp. Bezahlt haben die beiden ein schlüsselfertiges Haus, bekamen aber einen Rohbau. Auf dem Treuhandkonto liegen noch mehr als 100.000 Euro von der Vorauszahlung, aber das Geld ist gesperrt. Ob die Verträge, die die Familie unterschrieben hatte, unter das Bauträgervertragsgesetz fallen, müsste gerichtlich erst geklärt werden, sagte Anwalt Robert Mogy.

„Das Problem ist ja, dass die Klärung bei Gericht, wenn man die Zahlungen in Wahrheit schon auf das Treuhandkonto geleistet hat, zwei Jahre dauert. Die meisten Käufer haben dazu den finanziellen Atem einfach nicht mehr und stehen einen Prozess nicht mehr durch“. Die Käufer stehen also quasi mit dem Rücken zur Wand.

Deshalb sollte man Liegenschaftsverträge vor der Unterschrift vom Anwalt oder Notar überprüfen lassen. Schon während des Baus 2019 ist viel passiert, umstrittene Baumängel inklusive. „Das Bauträgervertragsgesetz hat den Vorteil, dass die Zahlungen an den Bauträger vom Treuhänder erst zu einem Zeitpunkt erfolgen können, wenn durch einen Sachverständigen nachgewiesen ist, dass im Wesentlichen der jeweilige Baufortschritt mangelfrei erreicht ist“, so Mogy.

Dass das Haus nicht fertig ist bestreitet zumindest niemand. Auch nicht, dass die RM Baustelle in Pogöriach von vornherein problembehaftet war. Es ist nicht das erste Mal, dass das „Aufgezeigt-Team“ über die Reihenhaussiedlung berichtet. So gab es bereits 2019 Anrainerproteste wegen der Baustellenzufahrt über eine Wohn- und Spielstraße. Und es gab Wassereinbrüche in die Baugruben, die teils am Villacher Faschingswochenende ausgehoben worden waren.

Der Akt ist also bei der Baupolizei in Villach gut bekannt. Für Bau-Stadtrat Harald Sobe (SPÖ) steht die Baustelle unter keinem guten Stern: „Zuerst hat man ganz normal ein Bauverfahren gehabt, das ist eingereicht worden. Die Behörde schaut sich aber natürlich an, wie es weitergeht. Dabei wurde festgestellt, dass die Materialien abgeändert wurden. Der Bau ist eingestellt worden, der Bauträger bekam dann eine Frist für eine Neueinreichung. Das hat er gemacht“, so Sobe.

Letztendlich sei es aber bei vier Häusern, die laut Behörde nicht fertiggestellt seien, in irgendeiner Weise zu Rechtsstreitigkeiten mit dem Bauträger gekommen, erklärt Sobe. „Er behauptet jetzt, diese Streitigkeiten sind nicht abgeschlossen, deshalb gibt es keine Fertigstellung. Wir vermuten, dass die Rechtsstreitigkeiten zwar zu Gunsten der Käufer ausgehen werden, aber der Bauträger lässt sich einfach Zeit.“

Bei zwei der vier Häuser wurde der Kauf sogar rückabgewickelt. Sie seien weiter verkauft worden, laut Sobe ohne Fertigstellungsmeldung. Die Häuser dürften also gar nicht bewohnt werden. Betrachtet man die ganze Siedlung, so wurde die Baubewilligung von der Stadt Villach etliche Male abgeändert. Die RM Bauträger GmbH beantragte Abänderungen und die neuen Reihenhausbesitzer, wie Familie Haider, wussten überhaupt nichts davon.

Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist, wie das möglich ist. „Der grundbücherliche Eigentümer war zu diesem Zeitpunkt jemand anderes. Deswegen kann die Behörde nichts anderes tun als in das Grundbuch hineinschauen und letztendlich jene, die im Grundbuch vorhanden sind, zu der Abänderungsverhandlung einladen. Das war hier der Fall“, so Sobe.

Die Eintragung eines Besitzerwechsels im Grundbuch kann schon ein dreiviertel Jahr dauern. Und so baute die RM ein anderes Dach, als seinerzeit verkauft wurde und sie baute die Häuser zu hoch. Die Fußbodenoberkante im Erdgeschoß stimmt nicht mit der Baubewilligung überein und diese Baubewilligung ist bis heute nicht abgeändert. „Was wir auf jeden Fall wollen, ist eine Kontaktaufnahme mit dem Bauträger, um ihn nochmals darauf aufmerksam zu machen. Wir werden alles daran setzen, dass das alles wieder halbwegs ins Lot kommt. Ich sehe das so, dass man den Bürgerinnen und Bürgern eine gewisse Verantwortung entgegenbringt“, so Sobe.

Der Bauträger selbst, die RM Bauträger GmbH, hat ihren Sitz in Klagenfurt und viele Projekte. Zum Beispiel eine Großbaustelle auf einem alten Fabriksgelände in Laibach, eine Reihenhaussiedlung in Klagenfurt St. Ruprecht und vieles mehr. Die Siedlung in Pogöriach/Villach ist, bis auf das Haus der Familie Haider und die Formalitäten für weitere Häuser, ziemlich fertiggestellt.

Eine Interview-Anfrage lehnte die RM Bauträger GmbH jedoch ab, stattdessen bekam das „Aufgezeigt-Team“ eine sehr ausführliche schriftliche Stellungnahme vom Villacher Anwalt der RM Bauträger Gmbh, Bernhard Hundegger. Er hielt fest, dass die Gebäudeanlage mangelfrei sei und schreibt: „Aufgrund der unversöhnlichen Auffassungen wurde mit Familie Haider im Frühjahr 2020 rechtsverbindlich die Vereinbarung hergestellt, dass die Verträge rückabgewickelt werden.“

Familie Haider wäre also wortbrüchig in Sachen Rückabwicklung und hätte sich längst vom Ankauf des Hauses lösen können, so Hundegger im Auftrag der RM Bauträger GmbH. Weiters wurde ihr zugesagt, dass die daraus resultierenden Schäden, welche freilich aufzuschlüsseln sind, der Familie ersetzt werden. Letzteres erfolgte trotz Urgenzen nie.

Das alles, so heißt es in der Stellungnahme, sei urkundlich belegt. Die RM, schreibt der Anwalt, habe wegen der wechselnden Standpunkte von Alexander und Selma Haider jetzt den größten Schaden. Der Anwalt schlug vor: „Die Familie Haider könnte freilich auch das Haus behalten. Meine Mandantschaft trifft gerne dazu eine neue Vereinbarung. Freilich müsste der Gegenwert bezahlt werden. Daran scheitert es bis dato.“

Familie Haider hofft weiter auf eine Lösung, schlimmstenfalls vor Gericht. „Das wollten wir eigentlich immer vermeiden, dass wir vor Gericht gehen. Wenn es so ist, dann müssen wir das aber doch in Erwägung ziehen und das machen“, so Alexander Haider.

Es gibt dazu eine aktuelle Entwicklung, heißt es aus der „Aufgezeigt-Redaktion“. Es wurde bekannt, dass ein junges Paar aus Villach für das Haus von Selma und Alexander Haider schon im Mai 2020 ein Kaufanbot unterschrieben hatte. Die EWO-Bauträger GmbH hatte versucht, das Haus der Familie Haider weiter zu verkaufen, und auch mit der RM-Bauträger gab es von dem Villacher Paar einen Werkvertrag über die Fertigstellung des Reihenhauses. Familie Haider wurde über all das nicht informiert, obwohl Selma und Alexander Haider im Mai 2020 längst grundbücherliche Eigentümer der gesamten Liegenschaft waren. Das Villacher Paar trat aber schließlich von dem Kaufanbot zurück. Die Unterlagen dazu liegen der Redaktion vor.