Rund zwei Jahre nach der Komplett-Modernisierung blickt das Sport Point im Schiffenberger Tal trotz herausfordernder Zeiten optimistisch in die Zukunft. Was macht einen modernen Sportpark aus?
Das Sport Point Gießen arbeitet zwei Jahre nach der Komplett-Renovierung noch nicht kostendeckend, sieht sich aber für die Zukunft gut aufgestellt. Das erklärte Studioleiterin Kristina Eichwald, die auf dem Areal neben Privatkunden Liebig- und Ostschüler ebenso begrüßt wie den Karateverein Gießen, die Heuchelheimer Taekwondoschule und die Squash Pointers.
Den Start als Frontfrau seit Juli 2020 hätte sich die 31-Jährige durchaus einfacher vorstellen können - mittlerweile aber ist die Gießenerin abgehärtet: »Der Anfang war sehr herausfordernd. Wir haben im Zuge des Umbaus die Preise aufgrund der neuen Ausstattung erhöht. Da bekommst du, gerade als neue Leiterin, natürlich einige Kritik ab. Aber das hat im Nachgang alles gepasst«, sagt Kristina Eichwald.
Dennoch seien die ersten zwei Jahre »nicht leicht« gewesen. »Von den äußeren Umständen her kann es eigentlich nur besser werden«, sagt Kristina Eichwald und lacht. Denn: »Ich weiß bislang kaum, wie es ist, den Sport Point unter normalen Bedingungen zu führen. Nach der Pandemie und den Lockdowns folgen nun die explodierenden Gaspreise. Es gibt bei uns bereits Überlegungen in Richtung erneuerbare Energien.«
Nachdem die früheren Pächter Markus Finke und Bernd Waldinger den zum 30. April 2020 auslaufenden Vertrag nicht verlängerten, setzten die Grundstücksinhaber um Stefan Sahl auf eigene Faust auf eine Renovierung im höheren sechsstelligen Bereich und gaben die inhaltliche Verantwortung an Eichwald ab. Diese hatte bereits mehrere Jahre Erfahrung als stellvertretende Leiterin im Alternate Sportpark in Linden gesammelt und kam zuletzt aus der Personalberatung.
»Der Handlungsspielraum und die Verantwortung haben mich gereizt. Ich kann meine Ideen einbringen, Veranstaltungen durchführen und nach Kundenwunsch das Tagesgeschäft gestalten.«
Im August 2020 schließlich eröffnete das Sport Point nach fast halbjährigen Umbaumaßnahmen wieder in neuem Glanz - zwei Squash- und zwei Badmintonplätze mussten einem modernen Functional-Training-Bereich weichen. Dort wird mit dem eigenen Körpergewicht trainiert.
»Das ist jetzt das Herzstück geworden. Dass wir mit Badminton und Squash zum Teil ein Saisongeschäft sind, war mir von Anfang an bewusst. Im letzten Winter 2021 waren wir ziemlich ausgelastet. Aber im Sommer nimmt die Nutzung ab. Je heißer es wird, desto weniger Check-Ins habe ich. Je kälter es wird, desto mehr Besuche haben wir. Sobald es regnet und die Temperaturen sinken, steigt das Besucheraufkommen.«
Sind Karteileichen die besten Kunden? »Objektiv ja, subjektiv mag ich es mehr, wenn sie hier sind. Die Kündigungsrate sinkt, wenn die Nutzung hoch ist. Karteileichen haben wir kaum.«
Das neue Areal rund um das Functional Training habe sich damit auch dem gesunkenen Durchschnittsalter angepasst: Das entwickelte sich durch den Wechsel von 48 auf 38 Jahre. Der jüngste Kunde ist 14, der älteste 82 Jahre alt. Als Verantwortlicher eines Sportparks gehören Gedankenspiele über Trends zum Alltag.
Drei Geräte im Fitness- und drei im Functional-Training-Bereich tauschte das Sport Point in den letzten zwei Jahren aus und verkaufte diese entsprechend dem Abnutzungswert wieder. »Auch wir bekommen Lieferengpässe zu spüren und warten teilweise seit Monaten auf neue Geräte.«
Neueste Ausstattung zählt in allen drei Sportparks im erweiterten Stadtgebiet zur Selbstverständlichkeit: Während der Top-Sport-Park in Buseck um die in der Region bekannte Tennis-Familie Moneke ebenfalls die Pandemie zur Neugestaltung nutzte, bietet auch der Alternate Sportpark in Linden moderne Fitnessgeräte mit immer neuen Bezeichnungen.
Über Mitgliederzahlen spricht man erfahrungsgemäß ungerne: »Dazu möchte ich keine Auskunft geben«, sagt auch Eichwald. »Die Tendenz ist aber steigend.« Mitglieder halten sich im Schnitt zwischen 90 Minuten und drei Stunden auf der Anlage auf. »Sport treiben, draußen im Biergarten etwas trinken und in die Sauna gehen - das ist der Klassiker.«
Interner Rekordhalter an der Siemensstraße dürfte der Deutsche Meister im Altersklassen-Squash, Felix Paal, sein: »Er ist fast täglich da, auch für viele Stunden.«
Die 31-Jährige ist eine Frau klarer Worte: »Ich mag offene Kommunikation.« Klar ist: Die letzten beiden Pandemie-Jahre haben den heimischen Sportstudios weh getan. Während der Lockdowns wurde den Kunden wie in vielen anderen Studios keine Gebühr berechnet. Einige Verantwortungsträger berichten von zwischenzeitlichen wirtschaftlichen Überlebensängsten.
Die Hoffnung im deutschen Sportland ist groß, dass eine weitere Schließung in Herbst und Winter 2022 ausbleibt. »Das wäre sehr wichtig, weil wir seit der Eröffnung keinen Winter ohne Lockdown hatten.«
Eine steigende Anzahl an kurzfristig auftretenden Problemen durch mehr Kundschaft nimmt Kristina Eichwald dann gerne inkauf. Als Studioleiterin sei sie es gewohnt, Problemlöserin zu sein.
»Es gibt immer wieder diesen kurzen Panikmoment - da gilt es, ruhig zu bleiben. Wenn die Musikanlage nicht läuft, die Heizung ausfällt oder Personal absagt, gilt es, die Situation schnell zu klären.«
Bei einem Event Anfang Juli mit 30 Teilnehmern übernahm Eichwald die Bestuhlung und das Frühstücksbuffet, stand zudem am Check-In vom Sport Point, das derzeit drei Beschäftige fest anstellt, zwei Frauen ausbildet und auf 15 Aushilfen zurückgreift.
Personal-, Energie- und Werbekosten stellen für die Multisportanlage die größten finanziellen Belastungen dar - steigende Ausgaben durch den sich erhöhenden Mindestlohn und die Energiepreise bilden finanzielle Herausforderungen. Denn klar sei: »Oberstes Ziel ist neben der Kundenzufriedenheit, dass der Betrieb wirtschaftlich läuft.«
Auf Sicht gesehen ist Eichwald optimistisch: »Das Gesundheitsbewusstsein der Menschen steigt. Ich glaube, dass sie sich in Zukunft noch genauer überlegen werden, wofür sie ihr Geld ausgeben. Und ich bin zuversichtlich, dass sie sich für ihre Gesundheit entscheiden.«
Das trifft sich gut, denn: »Ich liebe alles an meinem Job und würde ihn gerne auch in zehn Jahren noch ausüben.« Der überstandene, turbulente Start seit dem Sommer 2020 soll sich schließlich auszahlen - für die Nutzer und das Studio.