Schnipp, Schnapp, Logo ab: Eine Firma zerstört Prada-Schuhe und Chanel-Taschen

2022-06-10 21:12:54 By : Ms. Vicky Fang

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Ein kanadischer Anbieter macht Second-Hand-Ware von Luxusmarken kaputt, um daraus Schmuckstücke zu erstellen. Muss das wirklich sein? Eine Stil-Kritik.

Manuel Almeida Vergara , 9.6.2022 - 18:00 Uhr

Bedrohlich schiebt sich eine Hand ins Bild, nähert sich mit der großen Küchenschere dem armen kleinen Prada-Loafer. Ein paar Sekunden später ist das gülden gerahmte Prada-Emblem von der Oberseite des Straußenleder-Schuhs entfernt, wird gebürstet und gereinigt, mit Metallringen versehen, an einer dicken Panzerkette befestigt. Der arme Prada-Schuh bleibt nackt und logolos zurück. Was, bitteschön, ist hier nur los?

Das Video kommt von Instagram, von einem Account mit dem Namen @luxereworked. Dahinter verbirgt sich die kanadische Firma LUXE Reworked, die sich auf ihrer Webseite damit rühmt, „Luxusschmuck“ anzubieten, der „für jeden erschwinglich ist“. Und das geht laut dem Unternehmen so: LUXE Reworked kauft Second-Hand-Designermode, entnimmt Jacken, Schuhen, Handtaschen die begehrten Metalllogos und bastelt aus diesen neue Schmuckstücke.

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Die güldenen, logoverzierten Griffplatten einer alten Fendi-Tasche – die kleinen Metallplättchen, mit denen man am Zipper zieht – werden dann zum Kettenanhänger. Genauso ein von einem Chanel-Schuh entferntes silbernes Schmuckdetail oder das dreieckige Logo-Emblem einer Prada-Tasche; auch Ringe und Armbänder werden auf diese Weise gemacht. Immer wieder: Schnipp, Schnapp, Logo ab, bürsten und reinigen und zu einem Schmuckstück umarbeiten. Das wirft natürlich einige Fragen auf.

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Erstmal: Werden da wirklich echte Designerteile zerschnitten und zerstört? Die Firma gibt auf ihrer Webseite unter dem Punkt „Authentizität“ zwar an: „Wir verwenden ausschließlich echte Designer-Komponenten, um sie umzuarbeiten und zu Schmuck umzufunktionieren.“ Nähere Informationen, woher die Second-Hand-Teile kommen, fehlen allerdings – genauso wie ein Hinweis darauf, in welchem Zustand sich diese vor dem Küchenscheren-Martyrium eigentlich befunden haben.

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Denn eine weitere Frage ist doch diese: Warum sollte man einen schönen Prada-Schuh aus zweiter Hand, eine gute alte Vuitton-Tasche, ein gebrauchtes Chanel-Modell überhaupt auseinandernehmen, um daraus etwas anderes zu machen? Wäre es nicht viel sinnvoller, gut erhaltene Second-Hand-Ware an jene weiterzugeben, sie sich auch ohne Schnibbel-Massaker daran erfreuen? Oder – wenn die alten Designer-Teile eben nicht mehr so gut in Schuss sind – sie fachgerecht aufzuarbeiten und zurück in den Modekreislauf zu geben?

Fraglich ist auch, ob diese Herangehensweise überhaupt erlaubt ist. Die Firma verweist auf ihrer Webseite in einer kleinen Fußnote darauf, dass „die Warenzeichen den entsprechenden Marken gehören. LUXE Reworked ist mit keiner der Marken, Markeninhaber oder Warenzeichen verbunden.“ Ob sich die eleganten Modehäuser damit deutlich genug vom fragwürdigen Angebot der kanadischen Anbieter abgegrenzt fühlen – das darf man bezweifeln.

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Die eklatanteste Frage aber bleibt diese: Warum  will überhaupt irgendjemand abgetrennte Metalllogos als Schmuck tragen? Ein Interesse scheint vorhanden; LUXE Reworked ist auf Instagram seit Ende 2020 aktiv und veröffentlicht fleißig weiter zerstörerische Küchenscheren-Videos – das mit dem malträtierten Prada-Loafer ging vor einer Woche erst online. Klar: Die Lust auf Luxusware ist groß, gerade auf jene, die sich durch großformatige Markenschriftzüge und Logosymbole allzu deutlich zu erkennen gibt. Aber ist ein Chanel-Armband nicht nur ein Chanel-Armband, wenn es eben von Chanel als solches erdacht wurde?

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Unter dem Schlagwort „Logomania“ ist der Trend zum protzigen Zurschaustellen teurer Luxusmarken in Modegazetten zuletzt vielfach besprochen worden: Schon die Millennials hatten sich als schamlos konsumfreudiger Haufen präsentiert; mit der Generation Z folgt ihnen nun eine Jugend, die zu Vuitton-Sneaker und Balenciaga-Basecap am liebsten noch die Gucci-Tasche mit Allover-Logo-Muster trägt. Kann man gut finden, muss man aber nicht. In den meisten Fällen sieht’s ehrlicherweise totlangweilig aus. Jedenfalls ist es doch so: Man muss sich den Look leisten können – oder es gleich ganz lassen.

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Es ist ja auch nicht so, als gäbe es nicht überaus erschwingliche Logos, die längst genauso zum Stil-Statement geworden sind, wie ihre verschwenderischen Schwestern. Das Tragen von DHL-T-Shirts und IKEA-Taschen zum Beispiel war vor einigen Jahren ziemlich populär – so sehr, dass die Luxusmarken Vetements und Balenciaga die Billig-Logos und Plastiktaschen irgendwann sogar adaptiert und für die hundertfachen Preise unter ihre Kundschaft gebracht hat. Und logoverzierte Sportmarken zu gemäßigten Preisen sind ja auch immer eine Option.

Aber bitte: keine Fakes! Und auch keine Logo-Armbänder und -Ketten, die mit der abgebildeten Luxusmarke rein gar nichts zu tun haben. Distinguiert und designaffin sieht das nämlich so gar nicht aus. Sondern eher: Ganz schön billig. Dabei sind die LUXE-Schmuckstücke übrigens nicht mal das – wirklich günstig. Sie kosten von rund 100 Euro für das „Givenchy“-Armband bis zu etwa 170 Euro für die „Chanel“-Kette. Dafür könnte man auch einfach Modeschmuck eines Labels mit humanen Preisen kaufen – ohne, dass dafür ein armer alter Prada-Schuh dran glauben müsste.

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