Fröhlicher Fundus-Flohmarkt der Komödie am Kudamm – doch DER Grund dafür ist gar nicht lustig

2022-08-19 21:01:03 By : Mr. Rex Chang

Die neue Bühne der Komödie am Kurfürstendamm ist noch nicht fertig, doch es gibt weder eine neue Spielstätte noch Platz für Bühnen-Kleider, Requisiten und Teile der Technik.

Ein schickes Kleid für festliche Anlässe für 20 Euro, das war das Richtige für das schmale Budget der Studentin Jacqueline, auch wenn es einen Fleck hat: „Das bekommt man weg!“ Die junge Französin zählte zu den Hunderten von Menschen, die am Sonntag (und deutlich vor dem offiziellen Beginn um 12 Uhr) zum großen Fundus-Verkauf der Komödie am Kurfürstendamm im Schiller-Theater strömten, um Schnäppchen zu schlagen.

Theater-Chef Martin Woelffer und seine Mitstreiter hatten nicht wirklich freiwillig dazu eingeladen. Der Flohmarkt war die Konsequenz aus dem Schicksal, das der Bühne übel mitspielt, sie wider Willen zu einer Art Wanderzirkus machte.

Mitte 2018 musste sie aus seinem Räumen am Kudamm-Karree raus und ins Schiller-Theater als Notlösung rein, weil der Stammsitz mit den beiden Bühnen Komödie beziehungsweise Theater am Kurfürstendamm abgerissen wurde.

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Es gelang dann zwar, den Bauherren dort wenigstens eine neue Bühne abzutrotzen. Thorsten Scheibe, der sich mit seiner gleichfalls theaterbegeisterten Partnerin Beatrix Drexler gerade ein Autogramm von Marion Kracht abgeholt hatte, weiß jedoch um den Stand der Dinge: „Wie immer in Berlin, es dauert.“

Vielleicht 2025 wird die neue Bühne fertig, aber die Komödie muss Ende 2022 aus dem Schiller-Theater raus, weil die Komische Oper rein soll: Ihr Haus wird saniert.

Woelffer ist zwar guter Hoffnung, dass die Verhandlungen zu einem guten Ende führen und die Komödie am Potsdamer Platz weiter spielen kann, aber weder er noch der Senat oder der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf haben Räume für den Fundus gefunden.

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Also wurde entrümpelt: Hunderte von Kleidern und Sakkos, Blusen, Hemden, Mäntel, Tücher, englische Bühnenscheinwerfer in British Racing Green aus den 1950er-Jahren, ästhetisch herausfordernde Steh- und Deckenlampen, eine tätowierte männliche Schaufensterpuppe, ein Ghetto-Blaster und ein uraltes Röhrenradio, ein Bündel mit fünf Eishockey-Schlägern, eine Riesen-Hantel aus Styropor oder ein schwarzes Bakelit-Telefon mit Wählscheibe.

Thomas aus dem brandenburgischen Oberkrämer schleppte eine gewaltige, silberfarbene  Kunststoff-Bulldogge weg, beschädigt und 25 Euro billig, die er vor sein Haus stellen wird.

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Julia und Nico aus Hamburg, zum Seeed-Konzert nach Berlin gekommen, machten in glühender Mittagshitze Anprobe: Sie wurschtelte sich in eine karierte Stoffhose, er in ein Nadelstreifen-Sakko – zu groß, aber mit Einstecktuch.

„Alles geben wir natürlich nicht weg“, sagt Pressesprecherin Brigitta Valentin. Kostüme, die Modemacher Guido Maria Kretschmer mit eigener Hand für Katharina Thalbach im Stück „Ernst und seine tiefere Bedeutung“ von Oscar Wilde geschneidert hatte, blieben natürlich im Haus.

Einiges Ausrangierte wird der Theaterkunst weiter dienen: Carsten und Tobias Schulz – Vater und Sohn aus Groß Kreutz in Brandenburg – ergatterten für je 20 Euro ein Ton-Mischpult und eine Lichtsteuerungsanlage. Damit wollen sie ihre Theater-Truppe „Laien los“ technisch aufrüsten. Wofür der Kopf eines Plüsch-Wildschweins dienen wird, den Tobias auch mitnahm ist wohl noch nicht geklärt.

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Inmitten gut gelaunter Besucher gab Martin Woelffer angesichts der Massen zu Protokoll: „Heute ist ein spaßiger Tag, aber wir werden mit Wehmut aus dem Schiller-Theater gehen. Wir haben uns hier wohlgefühlt.“

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Das Stück, dass dann am Abend gegeben wurde, könnte aber seine geheimsten Gedanken widerspiegeln: „Mord im Orientexpress“. Tröstlich nur, dass die Requisiten schon vor 16 Uhr restlos ausverkauft, die 17 Kleiderständer deutlich gelichtet waren.

Der Spielplan der Komödie am Kurfürstendamm im Schiller-Theater bis zum Jahresende ist hier zu sehen.

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